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Projektplanung ist so eine Sache. Und vielleicht geht es dir auch so: Du willst eine neue Website oder Web App entwickeln (lassen). Du hast schon viele Ideen im Kopf und eine ziemlich genaue Vorstellung vom Ergebnis. Jetzt soll es möglichst schnell gehen und ein fertiges Ergebnis wird gewünscht.
Was man oft lieber macht, als Projekte zu planen
Eigentlich wäre eine vernünftige Projektplanung das nächste, was passieren sollte. Hm, aber man hat doch schon alles durchdacht. Kann man dann nicht einfach loslegen?
Nun ja. Das kann man machen. Aber das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit schief gehen. Es sei denn, Du bist die einzige am Projekt beteiligte Person. Dann kann es auch ohne detaillierte Planung funktionieren, aber es ist dann während des Projektverlaufs um einiges anstrengender. Warum? Weil dann gleichzeitig mehrer Sachen gemacht werden müssen:
- Welche Funktion wird als nächstes gebraucht?
- Wie hängt das mit anderen Teilen der App zusammen?
- Wo hatte ich nochmal den Code geschrieben, der schon was ganz ähnliches macht?
- Welches Plugin oder Modul hatte ich dafür nochmal vorgesehen?
Und so weiter. Alles Überlegungen, die den Programmier-Vorgang schwerer machen und ständigen Fokus-Wechsel erfordern.
Und jetzt stell dir das in einem Team von zwei oder mehr Beteiligten vor: Kunde erzählt was. Irgendwer schreibt das auf. Am Besten alle, auf Papier. Man findet die Notizen dann schon, wenn man sie braucht – oder?
Es dauert nicht lange und niemand ist mehr sicher, was wann wie besprochen war und ob eine abschließende Entscheidung über offene Punkte getroffen wurden. „Na ja, dann lösen wir das so und so und zeigen das dem Kunden, der wird dann schon zufrieden sein.“
Äh…. Nein!
Kunden sind meist nicht zufrieden, wenn sie eine Lösung zum ersten mal anschauen. Dann heißt es: „Oh. Na so habe ich mir das aber nicht gedacht. Ich meinte das so…“.
Also wieder schreibt jemand mit – oder am Besten alle. Auf Papier…
Und dann kommt die Korrekturrunde, während schon an weiteren Funktionalitäten weiter programmiert wird. Es muss ja voran gehen.
Dieses Vorgehen ist also irgendwie nicht optimal. Und trotzdem arbeiten ganz viele kleine und große Dienstleister und Agenturen genau nach diesem Prinzip.
Was ist das eigentliche Problem? Missverständnisse und Fehlinterpretation.
Kleinigkeiten bei der Projektplanung zu übersehen wird zu Problemen führen
Kunde: „Ich will auf der Startseite oben einen Bereich wo die Bilder so wechseln.“
Dienstleister: „Einen Slider?“
Kunde: „Ja, wenn man das so nennt?! Und da soll auch Text dazu. Und manchmal auch ein Ding zum drauf klicken, äh… wo man dann auf eine andere Seite kommt.“
Dienstleister: „Ok, ein Content-Slider mit Bildern im Hintergrund. Ich schreibe mir das auf.“
So haben wir uns das nicht vorgestellt
Was passiert hier eigentlich? Beim ersten Blick würde man vielleicht denken: „Alles klar. Der Kunde will einen Slider. Auf jedem Slide kann Text stehen und ein Button der zu einer Unterseite verlinkt. Da haben wir doch dieses Script das wir immer für Slider benutzen.“
Der Kunde sieht in seiner Vorstellung etwas. Er versucht das seinem Dienstleister zu erklären. Ihm fehlt das Fachvokabular, also verwendet er einfache Umschreibungen oder im Schlimmsten Fall Fachbegriffe, die was ganz anderes beschreiben als er meint.
Der Dienstleister strengt sich an, den Kunden zu verstehen. In seinem Kopf entstehen sofort Ideen, was der Kunde (scheinbar) möchte. Er notiert sich seine Gedanken.
Jetzt haben zwei Menschen miteinander gesprochen und versucht dem jeweiligen Gegenüber die eigenen Vorstellungen klar zu machen. Beide haben Bilder im Kopf von dem, was gewünscht ist.
Was passiert dann? Klar. Der Dienstleister liefert eine fertige Lösung. Und der Kunde? Der ist ganz verdutzt: „Aber so wollte ich das doch gar nicht! Ich habe mir das anders vorgestellt.“
Statt einem Content Slider hat er sich vielleicht einen fest stehenden Text gewünscht, den er frei anpassen kann. Der ganze Text soll anklickbar sein und entweder auf eine Unterseite oder sogar eine fremde Website verlinken. Manchmal soll aber auch ein verlinkten Button unter dem Text sein. Irgendwo in der Nähe davon soll ein Bereich sein, der wechselnde Bilder zeigt.
Oder er wollte vielleicht beschriftete Tabs mit Content und einem Hintergrundbild?
Wenn schon ein so einfaches Element wie ein Slider solch eine Verwirrung stiften kann – was wird dann erst bei komplexen Abläufen passieren?
Wieso ist Projektplanung also wichtig?
Im Kontext des Webdesign und Projektmanagement gibt es viele Methoden und Vorschläge für best-practices. Nicht jede Methode zur Projektplanung oder zur Dokumentation eignet sich für die persönliche Arbeitsweise oder die des Teams.
Doch eines will ich deutlich machen: Bestehe bitte auf eine detaillierte Planung (zum Beispiel Scribbles, Wireframes, User Stories und/oder User-Flow Charts für alle denkbaren Fälle), und dass alles schriftlich und für alle Beteiligten zugänglich festgehalten wird. Als Dienstleister ist es Deine Aufgabe, dem Kunden die Wichtigkeit dieser Planungsphase deutlich zu machen. Warum dafür nicht ein extra Angebot erstellen – unabhängig von der später folgenden Umsetzung. Das hilft dem Kunden, diesen Schritt als wichtig zu verstehen.
Stehst Du auf der Kundenseite? Selbst wenn Du die Konzeptions- und Planungsphase extra zahlst, hast Du danach etwas in der Hand was einen großen Wert besitzt: Die Sicherheit, dass beide Seiten über dasselbe reden. Selbst wenn Du anschließend oder nach einer Weile den Dienstleister oder die Agentur wechseln musst, ist dein gewünschtes Produkt genau beschrieben.
Es braucht nun viel weniger Zeit, um weitere Angebote einzuholen oder andere Entwicker mit dem Projekt vertraut zu machen. Die eigentliche Entwicklung kann dann zügiger voran gehen, weil die großen Fragen schon geklärt sind.
Aus Erfahrung kann ich nur dazu raten, so detailliert wie möglich zu planen, damit hoffentlich keine Interpretations-Spielräume bleiben.
Denn genau die fehlenden Details sind dann im Projektverlauf der Grund dafür, dass der Dienstleister oder der Kunde Dinge als „gesetzt“ ansieht, die aber nie wirklich definiert und schriftlich festgehalten wurden. Die Folge können Streitigkeiten, Stress und Terminverzögerungen sein.
Die Projektplanung ist bei (Individual-)Entwicklung nicht selten zeitaufwändiger als die eigentliche Umsetzung. Und es braucht etwas Überwindung und Übung. Aber es lohnt sich!